Laudatio

5.September 2014 – Andreas Oesch – Alles im Fluss
Sehr geehrte Gäste, verehrte Freunde und Förderer der Galerie „Abstrakte Momente“, lieber Andreas Garbe, lieber Thomas Stephan,
Kennen Sie auch dieses Gefühl, sich vielleicht in einer Situation wiederzufinden, die Ihnen bis dahin völlig unbekannt war? Und die Sie auf eine magische Weise gefangen hält und Sie können jetzt, in dem Moment gar nicht ergründen, warum? Und wie angewurzelt stehen Sie da, gefangen von einem Blick, einem Gefühl, das Sie nicht erwartet haben? Einem Bild, zu dem sich womöglich ein Ton, ein Geruch, eine Bewegung stellt, und das sich so zu einem komplexen Ganzen formt? Das den Moment bestimmt, Sie im tiefsten Inneren berührt? Je nach eigener Fasson versuchen Sie auf Ihre Art das gerade Erlebte zu verarbeiten: Sie erzählen Ihre Eindrücke Ihrer/ m Liebsten. Sie bleiben einfach stehen und genießen. Sie machen ein Foto.- Irgendwie versuchen Sie, solche Momente festzuhalten. Kann das gelingen?
Liebe Anwesende, ich begrüße Sie im Namen der anwesenden Künstler und der Galeristen zu der heutigen Ausstellungseröffnung mit der herrlichen Überschrift „Alles im Fluss“. Weckt der Titel bei Ihnen die Assoziation zu dem berühmten Panta rhei? Alles fließt? Alles bewegt sich fort und nichts bleibt? Lassen Sie uns zu Heraklits philosophischen Überlegungen heute aktuelle Positionen betrachten.
Ich möchte Ihnen Andreas Oesch vorstellen. Wir dürfen überzeugt sein, dass auch er solche eingangs beschriebenen Momente erlebt. Zum Beispiel im schönen Tal Versazca, an dem gleichnamigen Bergfluss im Tessin, der sich mal wild, mal verspielt über grobe und weniger grobe Gesteinsblöcke inmitten dunkler Wälder und versprengter Siedlungen mit natursteinernen Häusern talabwärts schlängelt. Verde- grün- so wird seine Farbe beschrieben, ein Grün, das in meiner Erinnerung mindestens zwischen milchigem Aquamarin, hellem Mint, strahlendem Türkis und sattem Smaragdgrün changiert. Und Verde, grün im Sinne von unreif. Für den Künstler Oesch verschmelzen hier Bedeutung, Farbe, Bewegung, Wildheit im Sinne einer Ursprünglichkeit und Harmonie im Sinne einer fraglosen Selbstpräsenz zur Kunst in der Natur, Natur als Kunst, die er durch eine eigene Technik wieder erlebbar macht. Nicht weniger, als den Betrachter Teil haben, Teil WERDEN zu lassen an dem großen Ganzen, der Natur, ist sein Anspruch. Mit seiner speziellen Arbeitsweise, in dem er die Fotografie mit Pappmaschee und Acrylmalerei verbindet, werden seine Sinneseindrücke zu bildgewordenen Kompositionen, die einer zeitlosen Erzählung gleichkommen: Das aus Schichten entstandene, zarte Relief erweitert den Raum behutsam in die Tiefe, und eröffnet so gleichsam eine neue Dimension. Mit der eingefangenen Bewegung wird jede Zeitlichkeit aufgehoben- es gibt weder Anfang, noch Ende- was hier jetzt zählt, ist die Gegenwart. Oder: der Moment ist immer gültig. Oder: Unendlichkeit zeigt sich jetzt. Textfragmente ermuntern zu einem frei assoziierbaren Ich-Bezug, bildimmanente Lettern ohne Absichtlichkeit. Die Gleichzeitigkeit von Fotografie und Malerei lassen die Grenzen zwischen Abbild und Interpretation verblassen. Auf subtile und sensible Weise öffnet Oesch dem Betrachter Türen zu dessen eigener Wahrnehmung, wahlweise, eben individuell mit dem Ziel, die Wirklichkeit (wieder) zu finden, zu träumen oder sogar mystische Erfahrungen zu machen. In seiner jeweils eigenen Begrifflichkeit von Zeit.
Genießen Sie heute die Freiheit, sich in Ihren eigenen Gedanken beim Betrachten der atmosphärisch-poetischen Bilder auf Ihre Reise zu machen. Andreas Oesch hat den Platz für Sie schon reserviert.
Andreas Oesch, geboren 1956, lebt und arbeitet in Brione sopra Minusio, nahe Locarno und Sevelen in der Schweiz. Nach einer Lehrerausbildung hat er verschiedene Weiterbildungen auf den Gebieten Theater und Kunst absolviert und ist heute als Medienpädagoge in Liechtenstein und als Kunstmaler tätig. Oesch ist Mitglied im Verband der bildenden Künstler in Liechtenstein. Seine Werke wurden in bereits in Ausstellungen in der Schweiz, in Liechtenstein, in Österreich und in Deutschland gezeigt. Der Künstler ist anwesend und steht Ihnen sicher für weitere Fragen und Rückmeldungen zur Verfügung.
Ebenso wie zwei der Künstler, Andreas Garbe und Thomas Stephan, die in der parallelen Gruppenausstellung vertreten sind. Ich darf jetzt Ihren Blick auf die Werke hier lenken. Sie sehen hier vertreten: ….
Sie werden bei Ihrer Betrachtung ganz individuellen Lesarten der Themen begegnen. Während sich die Einen einer poetischen Interpretation zum Thema anschließen (z. B.…),
wählen andere einen experimentellen Zugang und unterstreichen den mit dem gewählten Titel (Andreas…). Schöner, vielseitiger, bunter, könnte eine Offerte nicht sein.
Und ich darf ganz im eigenen Einverständnis meine Ausführungen schließen mit den Worten:
„(Und) Wer (immer und immer) in denselben Fluss steigt, dem fließt  (doch) wieder und wieder anderes Wasser zu“.

Haben Sie einen schönen Abend und glückliche Momente.